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Die
Legende erzählt
in der typischen Art mittelalterlich-frommer Denkweise vom Ursprung
des Klosters: Die Ritter Bernhard und Johann von Vinnenberg, die
wegen der Aufteilung des geerbten Adelshofes Vinnenberg im Streit
lagen, sahen in mondheller Nacht, wie eine Frau und ein jüngerer
Mann den Hof abschritten, ihn sorgfältig maßen und sich
dann ermüdet auf einem Baumstamm niedersetzten. Sie erkannten
in ihnen die Gottesmutter Maria und den Apostel Johannes - waren
sie doch gekleidet, wie man damals Maria und Johannes zu malen
pflegte. Sofort eilten sie in den Hof, fanden jedoch niemanden
mehr. Nur ein roter Seidenfaden lag auf dem Stamm, auf dem sie
sich ausgeruht hatten. Die zerstrittenen Brüder deuteten das
Zeichen richtig: Unter dem Eindruck der Vision einigten sie sich
und übergaben ihr väterliches Erbteil zu Ehren der Gottesmutter,
des hl. Johannes des Täufers und des hl. Apostels Johannes
den Schwestern des kleinen Klosters Marienberg "zur erweiterung
und Stiftung vorerwänten Jungfrawen Cloisters". |
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Das Vinnenberger Gnadenbild |
Aus
dem Baumstamm, auf dem die Gottesmutter und der hl. Johannes nach
der Vermessung des Hofes gesessen hatten, ließ Bernhard von
Vinnenberg vier Plastiken anfertigen: drei Bildnisse der Mutter
Gottes und eines der hl. Anna. Das kleinste der damals geschaffenen
Marienbilder wurde das Vinnenberger Gnadenbild: die "Mutter
Gottes vom Himmelreich". |
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Das
Kloster kam schnell zur Blüte. 1267 erhielt es einen Hof im
Kirchspiel Telgte; 1297 erwarb es Grundbesitz und Häuser in
Warendorf. Schon um 1300 waren zahlreiche Milter Bauern dem Kloster
hörig und pflichtig, wie es der Gesellschaftsform des Lehenswesens
entsprach, die in dieser Gegend bis zur gesetzlichen Aufhebung
der Hörigkeit durch Napoleon 1809 andauerte. Auch andernorts,
bis nach Holland hinein, gewann die Abtei durch Schenkungen und
Kauf reichen Besitz. Ihr ältestes erhaltenes Einkünfteregister
von 1503 und ihr Lagerbuch von 1567 geben Auskunft über die
verschiedenen Besitzungen und Abhängigkeitsverhältnisse,
wodurch sie noch heute für manche Hof- und Familiengeschichte
in der engeren und weiteren Umgebung von großem Interesse
sind. Dem äußeren Aufbau entsprach zunächst der
innere. Von der Äbtissin Angela wird 1290 berichtet, sie habe
ihr Kloster, das an Zahl der Nonnen schon bald die benachbarte
Zisterzienserinnenabtei Rengering übertraf, in aller
auferbawligkeit und geistlichem eyffer regiret". Es darf wohl auch
als ein Zeichen günstiger Entwicklung gewertet werden, dass
der Propst des Klosters sich bald ganz seiner Aufgabe als Pfarrer
von Milte widmen konnte; denn schon 1337 ist ein eigener für
den Gottesdienst in der Klosterkirche verantwortlicher Priester
bezeugt. |
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Das
Kloster Vinnenberg hat in Milte nicht allein sein Patronatsrecht
durch Anstellung von Kirchenpersonal wahrgenommen, sondern auch
die mit diesem Recht verknüpften Verpflichtungen erfüllt.
Eine Urkunde von 1558 macht deutlich, dass es auf geregelte Seelsorge
in der Gemeinde bestand und den Pfarrer zu amtsgerechter Lebensweise
und Treue zum Glauben verpflichtete. Auch in materieller
Hinsicht sorgte es sich um die Pfarrkirche: 1508 stiftete es
die erste große
Glocke und ließ 1681 eine neue gießen; 1715 bezahlte
es sogar gegen die Wünsche der Gemeinde eine neue Orgel und
ließ 1716 die Kirchenfenster gänzlich erneuern.Als
ein Beispiel für soziale Leistungen sei die Errichtung eines
Armenhauses 1658 in Milte durch die Äbtissin Anna Maria Plönies
erwähnt, das in der Folgezeit mehrmals wiederaufgebaut werden
mußte. Die Einbindung
des Klosters in die Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen
der Zeit hatte jedoch nicht nur positive Folgen. Verweltlichung
und Sondereigentum einzelner Nonnen sowie die Abhängigkeit von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage
führten zu innerem und äußerem Niedergang, so dass
einschneidende Reformen nötig wurden. |
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Das Vinnenberger Graduale
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Ab
1465 wurde die ursprüngliche
Zisterzienser innenabtei unter der Reformatrix" Äbtissin
Ursula Schwenken (Swaneken) im Rahmen einer Erneuerung des klösterlichen
Lebens in eine Benediktinerinnenabtei umgewandelt, 1468 der Bursfelder
Reformkongregation angegliedert und der Benediktinerabtei Liesborn
zur geistlichen Betreuung anvertraut. Nächst den Ordensfrauen
ist es wohl den Mönchen von Liesborn zu verdanken, dass
die Verunsicherungen der Reformationszeit im 16. Jh. in der Abtei
Vinnenberg und der von ihr geprägten Umgebung nicht zu Veränderungen
führten. Die Abtei war sogar fähig, zur geistlichen
Erneuerung anderer Klöster beizutragen; so ging 1535 Ermgard
von Schencking als Äbtissin in das adelige Damenstift Überwasser
in Münster (Schnell, Kunstführer Nr. 1692), das durch
die Wiedertäuferunruhen stark gelitten hatte.
Trotz schwierigster
Situationen und Einbußen, etwa im Dreißigjährigen
(1618-1648) und im Siebenjährigen (1756-1763) Krieg, blieb
die Abtei lebendig, bis sie im Zuge der Säkularisation der
geistlichen Gebiete und Besitzungen enteignet und aufgehoben wurde:
Nachdem schon 1803 das Fürstbistum Münster an Preußen übergeben
werden mußte, wurde ihr Fortbestand zwar durch Friedrich
Wilhelm III. zugesichert; als jedoch das preußische Münsterland
1807 unter napoleonische Militärverwaltung und 1808 zum Großherzogtum
Berg gekommen war, versiegelte der Amtsrent-meister der neuen Regierung
noch im Dezember 1808 Archiv und Rechnungsbücher des Klosters,
verkaufte einen Großteil des Viehbestandes und entließ das
meiste Gesinde. Am 24. Februar 1810 wurde die förmliche Aufhebung
der Abtei bekanntgegeben. Für die Schwestern wurde eine minimale
Rente festgesetzt, jedoch in den ersten Jahren nicht ausgezahlt.
Der Besitz wurde veräußert; die Klostergebäude
wurden von der seit 1815 wieder preußischen Regierung mehrfach
zum Kauf angeboten; da sie jedoch keinen Käufer fanden und
keiner neuen Bestimmung zugeführt werden konnten, verfiel
allmählich die ganze Anlage. Erst 1891 konnte Bischof Hermann
Dingelstadt (1889-1911) die Rückübertragung der zum Großteil
verfallenen Gebäude an den bischöflichen Stuhl von Münster
erreichen. |
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